Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Chancen für einen sicherheitspolitischen Neuanfang nach dem Ende des Kalten Krieges blieben ungenutzt. Das gilt für die NATO, das gilt für das Verhältnis zu Russland und vieles andere. Mit dem völkerrechtswidrigen Krieg gegen Restjugoslawien, mit der völkerrechtswidrigen Bombardierung Belgrads und mit der völkerrechtswidrigen Lostrennung des Kosovo begann ein Zeitalter der faktischen Abschaffung des Gewaltverbots, der territorialen Integrität der Staaten, überhaupt des Völkerrechts.
Ich war bei dem damaligen Präsidenten Barzani im Nordirak. Er wollte den Teil trennen. Ich sagte: Das geht ja nicht ohne Zustimmung des Irak insgesamt. – Da sagte er mir: Wieso? Ging doch beim Kosovo auch. – Puigdemont aus Katalonien war bei mir und sagte: Wieso? Beim Kosovo ging es doch auch. – Und russische Politiker stützen sich bei der Annexion der Krim auch auf das Kosovo.
Sie selbst berufen sich bei Ihrem Mandat immer auf die Sicherheitsratsresolution 1244. Aus ihr zitiere ich jetzt einmal wörtlich. Da heißt es:
"Der Sicherheitsrat … ermächtigt den Generalsekretär, … eine Übergangsverwaltung für das Kosovo bereitzustellen, unter der die Bevölkerung des Kosovo substantielle Autonomie innerhalb der Bundesrepublik Jugoslawien genießen kann …"
Und in Anlage I der Resolution wird folgendes Ziel formuliert – wiederum wörtlich –:
"… eine substantielle Selbstverwaltung für das Kosovo unter voller Berücksichtigung … der Prinzipien der Souveränität und territorialen Unversehrtheit der Bundesrepublik Jugoslawien und der anderen Länder der Region …"
Sie haben zusammen mit anderen Regierungen das negative Beispiel für den Völkerrechtsbruch geschaffen,
(Beifall bei der LINKEN)
und schon wegen der Verletzung der Resolution durch die Lostrennung des Kosovo ist sie keine Grundlage mehr für den Militäreinsatz.
Übrigens: Der KFOR-Einsatz dauert jetzt 21 Jahre. Bisher liegen die Kosten für Deutschland bei etwa 3,5 Milliarden Euro, und es ist kein Ende in Sicht. Unabhängig von meiner generellen Ablehnung kranken alle internationalen Bundeswehreinsätze daran, dass es kein nachvollziehbares Ziel gibt, sodass in keinem Fall ein Ende abzusehen ist.
(Beifall bei der LINKEN)
Im Mandat für die Bundeswehr werden ja auch die Aufgaben formuliert, und dazu gehört, die Einbindung militärischer Sicherheitskräfte des Kosovo – jetzt wörtlich – „in euro-atlantische Strukturen“ vorzubereiten. Was heißt denn das? Das Kosovo soll in die NATO? Heißt das, dass Sie die Bundeswehr da noch 50 Jahre stehen lassen, bis es so weit ist? Das ist doch alles absurd.
(Beifall bei der LINKEN)
Ich sage Ihnen: Wenn etwas im Kosovo gefährdet ist, dann sind es die serbischen Klöster und Heiligtümer, aber die kann man durch Vertrag schützen; dafür braucht man keine Soldaten. Deshalb braucht es kein neues Mandat, sondern das sofortige Ende des Bundeswehreinsatzes im Kosovo.
(Beifall bei der LINKEN)