Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wenn es einen guten Grund gäbe, über das Kindergeld zu reden, dann wäre es die Tatsache, dass ausgerechnet diejenigen unserer Gesellschaft, die auf dieses Kindergeld am meisten angewiesen wären, zum Beispiel Bezieher von Hartz-IV-Zahlungen, genau diese Leistungen für ihre Kinder verweigert bekommen. Das wäre ein guter Grund, mal über das Kindergeld zu reden.
(Beifall bei der LINKEN)
Herr Schrodi hat schon darauf hingewiesen, dass das Stichwort „Kindergeld“ im AfD-Wahlprogramm überhaupt nicht auftaucht. Von daher weiß ich nicht, was Sie jetzt dazu gebracht hat, ausgerechnet dieses Thema hier vorzubringen. Aber gehen wir noch einmal die Argumente durch:
Erstens. Kindergeld gibt es für Arbeit und nicht für Nationalität. Wer in Deutschland arbeitet und Steuern zahlt, hat Anspruch auf Kindergeld.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD, der FDP und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Das gilt auch für Beschäftigte mit ausländischen Pässen auf dem Bau, in der Pflege, in Privathaushalten, egal ob sie aus der Schweiz oder aus Rumänien kommen, und hat mit Sozialtourismus aber überhaupt nichts zu tun.
(Beifall bei der LINKEN und der SPD)
Zweitens. Kindergeld erhalten in Deutschland lebende erwerbstätige Eltern für ihre Kinder, unabhängig davon, wo diese Kinder wohnen. Die folgende Zahl ist schon genannt worden: Ein sehr geringer Teil der gesamten Kindergeldzahlungen, weniger als 1 Prozent, fließt ins Ausland. Die Zahl der Berechtigten hat in den letzten zehn Jahren zugenommen. Das kann in einem Europa mit wachsender Freizügigkeit für Arbeitsuchende und Beschäftigte keine Überraschung und schon gar keine verdächtige Entwicklung sein.
(Beifall bei der LINKEN)
Drittens. Auch deutsche Staatsangehörige erhalten für ihre im Ausland lebenden Kinder Kindergeld. Warum die AfD, wie im Landtagswahlprogramm für Sachsen-Anhalt 2016 formuliert, sich dafür einsetzen will, dass Kindergeld nur noch für in Deutschland lebende Kinder gezahlt wird, müsste sie uns mal erklären.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU)
Was es gibt – und das ist das eigentliche Problem –, sind zum Teil offensichtlich organisierte Fälle von Betrug. Dies berichten Bürgermeister einiger Städte vor allem im Ruhrgebiet schon seit längerem. Die Rede ist von 10 bis 15 Städten, in denen das gehäuft vorkomme. Die richtige Antwort bei Betrug, meine Damen und Herren, ist üblicherweise nicht eine Änderung von Gesetzen, sondern die polizeiliche Ermittlung, Verfolgung und schließlich Verurteilung der Betrüger.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der CDU/CSU, der SPD und der FDP)
Mehr als mit einer Gesetzesänderung wäre den betroffenen Städten also damit geholfen, wenn man mehr und entsprechend qualifizierte Ermittler zur Verfügung stellen würde.
(Beifall bei der LINKEN)
Zu guter Letzt: Eine Gesetzesänderung bedeutet also keine angemessene oder sinnvolle und schon gar keine schnelle Abhilfe für diese überschaubare Zahl von Fällen. Diesen durchsichtigen Quatsch machen wir nicht mit. Deshalb lehnen wir den Antrag ab.
Ich danke Ihnen.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD und des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)