Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Deutschland steht am Bahnsteig und wartet – auf einen Haushalt, der uns endlich Richtung Zukunft bringt. Doch was heute einfährt, ist eher ein verspäteter Regionalexpress mit defekter Klimaanlage, durchgesessenen Sitzen und unklarer Anschlussverbindung. Der Staat ist längst nicht mehr Taktgeber, sondern Nachzügler – gerade im Verkehrsbereich.
Dabei brauchen Menschen kein Ticket für leere Versprechen, sondern Investitionen, die ankommen: vor Ort, im Alltag, im echten Leben.
(Beifall bei der Linken)
Den Preis verfehlter Verkehrspolitik zahlen nicht Sie mit Ihren Fahrdiensten und BahnCard 100, 1. Klasse, sondern die Menschen da draußen. Sie sind es, die sich jeden Morgen in überfüllte Züge und Busse quetschen, wenn überhaupt etwas fährt.
Als Niedersachse kenne ich diese Realität nur zu gut: wenn der Bus zweimal am Tag fährt und der Arztbesuch eine halbe Weltreise entfernt ist. Ohne verlässlichen Nahverkehr bleibt oft nur das Auto. Und das ist für viele kein Luxus, sondern bittere Pflicht. Als das Deutschlandticket kam, fragten viele zu Recht: Was soll ich denn damit? Hier fährt doch eh nichts. – Dieser Frust ist berechtigt. Es reicht nicht, Tickets billiger zu machen. Wir müssen dafür sorgen, dass Menschen überhaupt Angebote haben, gerade im ländlichen Raum, gerade dort, wo die Menschen sich längst abgehängt fühlen.
(Beifall der Abg. Sarah Vollath [Die Linke])
Die Fakten sprechen für sich: Wo das Kind mit dem Bus zur Schule, der Opa zum Arzt kommt und die Familie am Wochenende in den Zug steigen kann, dort wächst das Vertrauen in den Staat, dort sinkt der Rückhalt für rechtspopulistische Parteien um bis zu 20 Prozent. Das ist politische Verantwortung.
(Beifall bei der Linken sowie der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Doch was machen Sie von den Regierungsparteien? Sie ducken sich lieber in bester Jens-Spahn-Manier weg. Selbst bei der Finanzierung des Deutschlandtickets übernehmen Sie keine langfristige Verantwortung. Seit im Januar der Preis von 49 auf 58 Euro erhöht wurde, hat das Ticket 1 Million Nutzer verloren. Ein echtes Rätsel eigentlich, wie ein höherer Preis weniger Nachfrage erzeugen kann!
(Maximilian Kneller [AfD]: Es ist kein höherer Preis! Es ist eine niedrigere Subvention!)
Liebe Union, liebe SPD, ist das die Strategie: das erfolgreichste Ticket der Geschichte so lange verteuern, bis es sich niemand mehr leisten kann, um es dann sang- und klanglos einzustampfen? Ich halte das für eine nicht so grandiose Idee.
(Beifall bei der Linken – Cem Ince [Die Linke]: Jawoll! – Michael Donth [CDU/CSU]: Bei Freibier steigt der Umsatz auch!)
Und ich sehe, wie das Spiel weitergeht. Nächstes Jahr heißt es dann wieder: Das Deutschlandticket wird teurer. – Dabei brauchen wir genau das Gegenteil: einen kostenlosen Nahverkehr, verbunden mit massivem Ausbau des Angebots. Das wäre kein Luxus, das wäre ein Gewinn für alle. Angebot schafft Nachfrage, auch wenn Sie es scheinbar nicht verstehen.
(Beifall bei der Linken)
Und ja, das ist auch wirtschaftlich sinnvoll, weil wir damit ein Bürokratiemonster aus Marketing, Vertrieb, Ticketkontrolle, Inkasso, Mahnwesen und all diesem Schnickschnack abschaffen. Und die Kosten? Die liegen je nach Ausbauphase bei etwa 15 Milliarden Euro im Jahr – nicht einmal ein Viertel der klimaschädlichen Subventionen, die wir uns jährlich leisten.
Mit dem nötigen politischen Willen wäre ein kostenloser Nahverkehr längst finanzierbar – wenn Sie nur wollten. Aber scheinbar fehlt genau das: der Wille. Und ja, man muss es an dieser Stelle einmal klar und deutlich sagen: Wer Milliarden an Steuergeld durch Lobbypolitik und Inkompetenz versenkt,
(Michael Donth [CDU/CSU]: Bei Northvolt zum Beispiel!)
aber beim Bürgergeld plötzlich kriminelle Netzwerke wittert, betreibt keine seriöse Politik, sondern Stimmungsmache gegen die Ärmsten. Vor allem Sie von der Union haben mit Ihren Aussagen zum Bürgergeld deutlich gemacht: Sie verachten arme Menschen.
(Beifall bei der Linken – Stephan Stracke [CDU/CSU]: Quatsch! – Weitere Zurufe von der CDU/CSU)
Genau deshalb reden wir über Mobilität. Denn Mobilität ist kein Luxus, sondern ein Grundrecht. Sie entscheidet über Teilhabe, über Bildung, Arbeit, Freizeit, Familie und – ja! – auch über Würde. Wer sich keine Fahrkarte leisten kann, wer auf dem Dorf festsitzt, weil der letzte Bus um 17 Uhr fährt, der wird ausgeschlossen. Das ist soziale Ausgrenzung.
(Michael Donth [CDU/CSU]: Leben Sie auf dem Dorf? Haben Sie Ahnung vom Dorf?)
Und Ihre Verkehrspolitik zementiert diese Ausgrenzung.
(Beifall bei der Linken – Cem Ince [Die Linke]: So ist es! – Christian Haase [CDU/CSU]: Da hilft ja auch kein Ticket!)
Liebe Union, liebe SPD, wenn Sie mal wieder vergessen haben, wofür das C oder das S in Ihren Parteinamen stehen, helfe ich sehr gerne auf die Sprünge: Sie stehen für „christlich“ und „sozial“. Und Ihre Verkehrspolitik hat mit beidem sehr wenig zu tun.
(Beifall bei der Linken)
Wir als Linke sagen klar: Mobilität darf kein Privileg sein. Sie muss für alle da sein, in Stadt und Land. Es wird Zeit für kostenlose, zuverlässige und barrierefreie Busse und Bahnen. Damit kommen wir tatsächlich „back on the track“.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)