Frau Präsidentin! Viele queere Menschen fühlen sich in Deutschland nicht sicher. Kein Wunder! Beinahe wöchentlich hört man von queerfeindlicher Gewalt auf den Straßen. Überall, wo queeres Leben sichtbar ist, wird es angegriffen. Jeder zweite CSD in diesem Jahr wurde attackiert. Dahinter stecken oftmals rechtsextreme Gruppen. Und das ist ein Skandal.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
CSDs erreichen Menschen aus der Mitte der Gesellschaft. Besonders die kleinen CSDs gehören zu den Schauplätzen, an denen Demokratie und Freiheit ganz konkret erkämpft und gegen Nazis verteidigt werden. Deshalb gilt unser Dank allen, die sich hier engagieren.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Wenn queere Menschen sich Sorgen um ihre Sicherheit machen, dann ist das keine Einbildung. Unsere Verfolgungsgeschichte macht uns sensibel für Gefahren. Sie lehrt uns aber auch eine gesunde Skepsis gegenüber dem Staat. Die Antwort der Konservativen ist dann schnell: Eine Polizeiwache hier, mehr Abschiebungen da – und dann ist die Welt für weiße Wohlstands-Schwule wieder sicher. Aber ich kann Ihnen versichern: Die allermeisten Schwulen durchschauen Ihr perfides Spiel, und sie taugen nicht als Zielgruppe für Ihre rassistische Propaganda.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Sie polemisieren gezielt gegen das Selbstbestimmungsgesetz oder die Regenbogenfahne. Damit verschieben Sie den Diskurs immer weiter nach rechts. Und Sie verunsichern seit Monaten die Communitys mit der Meldewesenverordnung zum Selbstbestimmungsgesetz. Seit Amtsantritt dieser Regierung haben wir keine einzige queerpolitische Initiative Ihrerseits diskutiert – keine einzige! Ihre Untätigkeit grenzt an unterlassene Hilfeleistung, und das lassen wir Ihnen nicht durchgehen.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Die Frauen hier im Saal können vielleicht noch am ehesten nachempfinden, wie es sich für queere Menschen anfühlt, wenn sie nachts allein im Bus sitzen und plötzlich eine Horde besoffener Männer zusteigt. Oft muss man jedes sichtbare Zeichen seiner Identität verstecken, und sei es nur der Regenbogenbutton an der Jacke. Es ist eben nicht nur die Angst vor gewalttätigen Übergriffen; es ist auch die Scham und das Gefühl, sich selbst verleugnen zu müssen. Das ist eine Erfahrung, die ich nur allzu gut selbst kenne und die ich niemandem wünsche.
Wenn Sie diesem Antrag zustimmen, dann wäre das ein erster Schritt. Wir wollen unter anderem, dass sich die Innenministerkonferenz mit der Sicherheit queerer Menschen beschäftigt und dass der nationale Aktionsplan „Queer leben“ weiterentwickelt wird.
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Für die queeren Communitys geht es ums Ganze. Tun Sie das Mindeste!
(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
