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Schwarz-Rot untätig bei der Bildung

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir haben gerade die eigenartige Situation, dass wir es zwar mit einem neuen Zuschnitt an Ministerien zu tun haben – die schwarz-rote Bundesregierung hat ja entschieden, das Thema Bildung vom Ministerium für Wissenschaft und Forschung zu trennen und dem Ministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend zuzuordnen –, aber wir verhandeln einen Haushalt, der noch der Logik des alten Zuschnitts folgt. Das heißt, Ministerin Bär muss sich nicht mehr für die Bildung zuständig fühlen, aber offenbar fühlt sich auch Neuministerin Prien noch nicht so richtig zuständig; denn bei der angeblichen Herzensangelegenheit Bildung passiert das, was seit Jahrzehnten in der Bildungspolitik auf Bundesebene passiert: quasi nichts.

(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

Der Bildungshaushalt stagniert, die großen Baustellen bleiben bestehen. Weder macht die Bundesregierung was gegen den krassen Fach- und Lehrkräftemangel, noch tut sie was für die verbesserte Zusammenarbeit von Bund und Ländern, noch wagen Sie sich mal ran an das vormoderne Bildungsverständnis und die sozial selektiven Strukturen in der Bildung. Stattdessen arbeitet Frau Bär daran, wahrscheinlich die erste Ministerin im All zu werden oder so, und Ministerin Prien widmet sich den rechtspopulistischen Spalterthemen, indem sie der Verwaltung die Gendersprache untersagt

(Lachen bei Abgeordneten der CDU/CSU und der AfD)

und einer Obergrenze für Migrantinnen und Migranten in der Schule das Wort redet. Was für ein unsägliches Vorbeiagieren an dem, was die Gesellschaft eigentlich braucht!

(Beifall bei der Linken sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Florian Müller [CDU/CSU]: Was für eine unsägliche Rede!)

Wir brauchen funktionstüchtige und schöne Schulen, ausreichend Lehrkräfte und gute Unterstützungsmaßnahmen,

(Nicole Höchst [AfD]: Wie Deutsch an deutschen Schulen zum Beispiel!)

damit kein Kind und kein junger Mensch mehr zurückgelassen wird. Das ist die Aufgabe einer Regierung, und nicht das Punktemachen im AfD-Populismus-Bingo!

(Beifall bei der Linken)

Und weil der Haushalt für Bildung und Wissenschaft eigentlich so mau ist wie immer, redet die Bundesregierung jetzt gerne über das 500 Milliarden Euro schwere Sondervermögen, das noch schnell durch den alten Bundestag gepeitscht wurde und das jetzt ein bisschen als Gegenargument gegen so gut wie jede bildungs- oder sozialpolitische Forderung herhalten darf. Aber im Sondervermögen sind für die Bildung und für die Forschung für 2025 so gut wie gar keine Mittel eingeplant; so als würden zum Beispiel die Kommunen nicht schon seit 20 Jahren darauf warten, endlich mal die maroden, nicht barrierefreien und im Sommer völlig überhitzten Schulgebäude sanieren zu können.

Das Hauptproblem mit dem Sondervermögen ist doch, dass die Bundesregierung zwar über Nacht – und übrigens völlig entgegen den Aussagen von CDU und CSU im Wahlkampf – eine unfassbare Summe Geld mobilisiert und neue Schulden macht, ohne die aber gegenzufinanzieren. Und weil Merz und Klingbeil darauf verzichten, endlich auch mal die Multimillionäre und Milliardäre in diesem Land zur Finanzierung des Gemeinwesens heranzuziehen, bedeutet Ihr Sondervermögen schlicht, dass Sie es über Kürzungen im Sozial- oder Bildungsbereich finanzieren

(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

und dass Sie es auf den Schultern der Beschäftigten und beim ärmeren Teil der Bevölkerung abladen. Das ist die Situation, und das wird Die Linke Ihnen nicht durchgehen lassen.

(Beifall bei der Linken)

Während Sie hier nämlich einen auf Sondervermögen machen, kürzen die Bundesländer schon mal die Haushalte für Bildung und Wissenschaft. Schwarz-Rot in Berlin drohte damit, die Zuschüsse für Klassenfahrten und das kostenfreie Schulmittagessen zu kürzen, und will jetzt 145 Millionen Euro bei den Hochschulen einsparen.

(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

Und in Hessen wird über ein Minus für die Hochschulen in den kommenden Jahren in Höhe von 1 Milliarde Euro spekuliert und über den Abbau von jeder zehnten Stelle. Die Bundespolitik muss doch so was im Blick haben und auch im Zusammenhang betrachten! Ein Sondervermögen macht doch nur Sinn, wenn es zusätzliche Mittel tatsächlich mobilisiert, um große Aufgaben in der Infrastruktur anzugehen,

(Beifall der Abg. Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])

aber nicht, wenn es dazu benutzt wird, den nächsten Sparhaushalt und die nächste Welle an Kürzungen zu verschleiern. Das ist nicht die Aufgabe.

(Beifall bei der Linken und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und dass offenbar Geld da ist, wenn man nur möchte, das zeigt ein Blick in den Verteidigungshaushalt: Der bekommt bis 2029 ein Plus von sage und schreibe 90,4 Milliarden Euro.

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Da geht es auch um Ihre Sicherheit!)

Das Plus allein ist viermal so viel wie der hier vor uns liegende Haushalt zu Bildung und Forschung insgesamt. Was sind das für verrückte Prioritäten?

(Florian Müller [CDU/CSU]: Gucken Sie mal nach Moskau!)

Ich sage Ihnen: Während Sie aus Deutschland das Land der Bomben und Bunker machen, geht es Ihnen als Land der Dichter und Denker verloren.

(Zuruf des Abg. Stephan Albani [CDU/CSU])

Das ist wirklich ein völlig falscher Weg, den Sie hier einschlagen.

(Beifall bei der Linken)

Kolleginnen und Kollegen, in Zeiten, in denen die Wissenschaft und die Wissenschaftsfreiheit enormen Angriffen ausgesetzt sind, sollten wir alles dafür tun, sie zu stärken.

(Zuruf von der CDU/CSU: Wie wäre es mal mit der Realität?)

Aber alles, was der Bundesregierung einfällt, ist die Abwerbung von internationalen Spitzenforscherinnen und Spitzenforschern, „ein Rundum-sorglos-Paket“ hat das die Ministerin genannt. Dann geht es da aber gerade einmal um 27 Millionen Euro – für 1 000 Spitzenforscher und ihre Familien.

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Das ist ein Symbol!)

Das ist kein Rundum-sorglos-Paket, das ist ein Tropfen auf den heißen Stein, und das wissen Sie auch.

(Beifall bei der Linken)

Abgesehen davon, dass ich die Abwerbung von Spitzenkräften

(Stephan Albani [CDU/CSU]: Es wird nicht abgeworben!)

für eine fragwürdige Maßnahme im Kampf gegen den Faschismus halte:

(Dr. Paula Piechotta [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Na ja! Na ja!)

Sie schaffen es nicht, die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hierzulande aus der Prekarität zu holen. Sie schieben die Hochschulsanierung auf die lange Bank und bringen es dann noch fertig, jetzt im Haushalt die Mittel für das BAföG zu kürzen. So macht man ein System nicht attraktiv, und so macht man es auch nicht resilient gegen die Angriffe von rechts.

(Beifall bei der Linken – Zuruf von der CDU/CSU: Bitte bei den Fakten bleiben!)

Es braucht demokratische Strukturen und eine gute Grundfinanzierung von Hochschulen und Wissenschaft –

– statt Abhängigkeitsverhältnisse und kurzatmige Projektfinanzierungen. Machen Sie das in den nächsten Jahren möglich! Die Lage ist ernst.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)