Zum Hauptinhalt springen

Für die Ampel ist jeder Panzer und jede Autobahn wichtiger als die Investition in Bildung

von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! In unserer Gesellschaft entscheidet in der Regel der Geldbeutel der Eltern darüber, welche Chancen unsere Kinder haben. Viele Kinder entwickeln sich nicht unbedingt entsprechend ihren Wünschen und Interessen, sondern ihre Bildungswege sind vorgezeichnet, je nachdem, in welcher Familie und in welchem Stadtviertel sie aufwachsen, ob die Eltern arm sind oder reich, ob sie Migrationsgeschichte haben oder nicht. Dass sich eine demokratische Gesellschaft, dass sich eine Gesellschaft, deren Wohlstand von Wissen abhängt, und dass sich eine so reiche Gesellschaft wie unsere ein Bildungssystem leistet, das Bildungsbiografien vererbt, das ist eigentlich unentschuldbar. Das ist skandalös.

(Beifall bei der Linken)

Seit Jahrzehnten wird erzählt, dass man das ändern will. Die Ampelregierung erzählt das auch, und jetzt bringt sie das sogenannte Startchancen-Programm auf den Weg. Aber ich sage Ihnen: Mit diesem Programm machen Sie genau das, was die Vorgängerregierungen auch schon gemacht haben. Ein zeitlich befristetes Programm, ein nur punktuell wirksames Programm, ein viel zu kleines Programm soll die gröbsten Missstände abmildern. Aber es ist wieder kein Einstieg in eine verlässliche Bildungsfinanzierung, und es ist auch kein Einstieg in eine neue Zusammenarbeit von Bund und Ländern.

(Saskia Esken [SPD]: Doch!)

Damit ist es wieder eine vertane Chance für unsere Gesellschaft.

(Beifall bei der Linken)

Ganz ehrlich: Wenn man sich selbst zum Chancenministerium krönt, wie Sie das getan haben, dann ist jetzt der Moment, um ein bisschen kleinlaut zu werden; denn dann hat man offenbar vergessen, dass es in der Politik nicht nur um Marketing, sondern um Inhalte geht. Die Wahrheit ist doch: Jeder Panzer, jede Autobahn ist Ihnen wichtiger als die Bildung. Es ist ein einziges Drama.

(Beifall bei der Linken)

Kolleginnen und Kollegen, es gibt 41 000 Schulen in unserem Land. Aber das Startchancen-Programm wird 37 000 davon nicht erreichen. Es wird damit zehn von elf Kindern nicht erreichen. Wir stehen allein bei der Gebäudesanierung der Schulen vor einem Sanierungsstau im Umfang von ungefähr 50 Milliarden Euro. Das Startchancen-Programm soll aber nur 20 Milliarden Euro von Bund und Ländern über einen Zeitraum von zehn Jahren umfassen. Uns fehlt ohne Ende pädagogisches Personal, und Sie haben keine Idee, woher die zusätzlichen Lehrkräfte, die Sozialarbeiter/-innen oder die Schulpsychologen eigentlich kommen sollen.

Zur Wahrheit gehört auch, dass eben nur ein Teil der Gelder, nämlich nur die Gelder für den Schulbau, bedarfsorientiert und nach Sozialindex vergeben wird.

(Ria Schröder [FDP]: Das stimmt doch nicht!)

Der größere Teil des Geldes wird weiter verteilt wie bisher, und das reicht eben einfach nicht mehr aus.

(Beifall bei der Linken)

Kolleginnen und Kollegen, die Zeiten sind ernst. Der Bildung kommt eine Schlüsselaufgabe zu: beim sozialen Zusammenhalt, bei der Frage, ob Menschen Hoffnung schöpfen, Perspektiven für ihre Zukunft haben und ob Veränderungen in der Gesellschaft als gestaltbar erlebt werden. Wir haben keine Zeit mehr, die Antworten auf diese Fragen auf die lange Bank zu schieben. Sie müssen jetzt zur Priorität dieser Regierung werden. Bringen Sie mehr Geld ins Bildungssystem! Machen Sie die pädagogischen Berufe zu den attraktivsten, angesehensten und bestbezahlten Berufen unserer Gesellschaft, Und starten Sie mit einer neuen Bildungszusammenarbeit von Bund und Ländern! Das wären die richtigen Schritte.

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)