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Weniger Katy Perry, mehr solide Wissenschaftspolitik

Rede von Nicole Gohlke,

Frau Präsidentin! Liebe Kollegen und Kolleginnen! Frau Ministerin Bär, das Ministerium bekommt einen neuen Zuschnitt. Die Bildung wird dem Familienministerium zugeschlagen, die Wissenschaft bleibt beim neuen, um den Weltraum erweiterten Bundesministerium für Forschung, Technologie und Raumfahrt. Nach Söders „Bavaria One“ jetzt also vielleicht Dorothee Bärs Raumfahrtministerium. Da weht natürlich so ein kleiner Hauch von Elon Musk und Katy Perry vor einer schneidigen Rakete durch den Raum.

(Heiterkeit bei der Linken)

Aber es geht natürlich schon die Sorge um, dass in der Umbenennung des Ministeriums schon die größte Aktivität der schwarz-roten Koalition in der Wissenschaftspolitik besteht, und das darf auf gar keinen Fall passieren.

(Beifall bei der Linken – Florian Müller [CDU/CSU]: Na ja, da sollte man erst mal den Koalitionsvertrag lesen!)

Die Sorge geht um, dass die Nähe zu Raumfahrt und Technologie die einseitige Ausrichtung der Wissenschaftspolitik an wirtschaftlicher und zunehmend auch militärischer Verwertbarkeit verstärken wird und dass dieser Zuschnitt auch darüber hinwegtäuschen soll, dass sich die neue Ministerin vor allem mal ziemlich irdischer Probleme in der Wissenschaft annehmen muss, die da heißen: marode Gebäude, schlechte Arbeitsverhältnisse, von Armut betroffene Studierende und Angriffe auf die Wissenschaftsfreiheit.

(Beifall bei der Linken – Florian Müller [CDU/CSU]: Sie haben schon gesehen, dass wir das BAföG erhöhen?)

Darum ging es in Ihrer Rede ja mal so gar nicht, Frau Ministerin. Das sind aber die Baustellen, um die es gehen muss. Leider hat man nicht so richtig das Gefühl, dass das von dieser Koalition tatsächlich verstanden wurde.

Im Koalitionsvertrag ist eine große Novelle zum BAföG angekündigt; aber die soll erst zum Wintersemester 2028/2029 umgesetzt sein. Das ist natürlich viel zu spät. Die Studierenden wissen seit Jahren nicht mehr, wie sie über die Runden kommen sollen. Und all das, was das BAföG strukturell auf Vordermann bringen würde, zum Beispiel, dass man nach dem Studium nicht mehr mit Schulden dasteht oder dass der Wohnkostenzuschuss endlich an die regionalen Mietpreise angepasst wird,

(Florian Müller [CDU/CSU]: Wir werden Eigenverantwortung nicht abschaffen!)

hat die neue Regierung sofort entsorgt. Ich sage: Das ist natürlich keine Politik für die Zukunft, das ist Politik von gestern.

(Beifall bei der Linken)

Für die Arbeit in der Wissenschaft will Schwarz-Rot Mindestvertragslaufzeiten und die Ausweitung von Schutzklauseln festlegen. Das ist gut. Das ist aber, ehrlich gesagt, auch das Mindeste, nachdem die Ampelkoalition in dem Bereich drei Jahre lang mehr Posse als Politik veranstaltet hat.

(Beifall bei Abgeordneten der Linken)

Aber im Koalitionsvertrag findet sich tatsächlich kein Wort zur Lage der Postdocs. Dabei ist das ja die Gruppe, um die es sich in erster Linie handelt. Wir brauchen endlich Dauerstellen für Daueraufgaben.

(Beifall bei der Linken)

Dafür muss man Geld in die Hand nehmen, und zwar mehr Geld als für ein paar Tenure-Track-Stellen. Und man muss ein Arbeitsrecht schaffen, das die Arbeitgeber zwingt, gute Arbeit auch umzusetzen. Dass sich die Union in Sachen Tarifsperre offenbar gegen die SPD durchsetzen konnte, dass die Gewerkschaften nicht für eigene tarifvertragliche Regelungen in der Wissenschaft kämpfen dürfen, das ist wirklich ein Skandal.

(Beifall bei der Linken)

Frau Ministerin, ich bin Münchnerin und habe ein bisschen Erfahrung mit der CSU an der Regierung. Daher weiß ich, dass die Schwärmerei für Flugtaxis und Raumfahrtprogramme auch schnell mal dazu führt, dass zum Beispiel kein Geld mehr dafür da ist, dass die Bahn in Bayern wieder pünktlich fährt oder bezahlbar ist.

(Florian Müller [CDU/CSU]: Das hat doch miteinander überhaupt nichts zu tun!)

Darauf können wir aber nicht mehr verzichten, genauso wenig wie auf gute Hochschulen, gute Arbeitsverhältnisse und ein Studium, das allen offensteht, unabhängig vom Geldbeutel der Eltern. Machen Sie diese Fragen zum Kompass Ihrer Arbeit!

Vielen Dank.

(Beifall bei der Linken)