Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir beschließen heute, dass die Kommunen zwei Jahre länger Zeit haben, um Mittel vom Bund für den Ausbau der Ganztagsbetreuung im Grundschulalter abzurufen. Das ist richtig so. Die Linke unterstützt das; denn es geht hier um neue und sanierte Mensen und Küchen, um Aufenthaltsräume und Klassenzimmer, und damit rückt auch der Ganztag und der Rechtsanspruch auf den Ganztag endlich ein Stück näher.
Aber jetzt das große Aber: Die großen Probleme, mit denen die Kommunen kämpfen, sind damit nicht vom Tisch, weder die finanziellen noch die bürokratischen Probleme. Die steigenden Kosten zum Beispiel beim Bauen oder für Energie können damit eben nicht kompensiert werden. Dafür braucht es einfach mehr Geld, und das ist ja auch angekündigt worden. Das ist angekündigt worden im Koalitionsvertrag, auch im Kabinett jetzt, und es wäre jetzt aber auch der richtige Zeitpunkt, um nicht nur die Frist zu verlängern, sondern den Kommunen auch klar zu sagen, dass sie mehr und ausreichend Geld dafür bekommen werden. Das ist jetzt der Zeitpunkt, Kolleginnen und Kollegen.
(Beifall bei der Linken)
Und das größte Problem ist, dass die Bundesregierung immer noch keine Antwort auf die Personalfrage gibt. Betreuung am Nachmittag, hochwertige Bildungsangebote auch in den Ferienzeiten, das sind keine Selbstläufer. Es geht nicht nur um einen weiteren Raum für eine Kunst-AG oder eine Vertiefungsstunde oder für einen Kletterkurs, sondern es braucht Menschen. Es braucht Pädagoginnen und Pädagogen, es braucht Sozialarbeiter/-innen, es braucht Erzieherinnen und Erzieher, es braucht Fachkräfte, die für die Kinder da sind. Und die Politik muss endlich dafür sorgen, dass es ausreichend Fachkräfte gibt. Hören Sie endlich auf, sich als Bundesregierung vor dieser Aufgabe wegzuducken.
(Beifall bei der Linken)
Der Ganztag wird nur erfolgreich sein können, wenn er den Qualitätscheck besteht. Das heißt, für alle Kinder brauchen wir gleich gute Standards. Es gibt riesige Unterschiede zwischen den Bundesländern und auch zwischen Städten und ländlichen Räumen. Die ostdeutschen Bundesländer zum Beispiel können nach aktuellem Stand bis Ende des Jahrzehnts jedem Kind einen Platz anbieten. Aber der Personalschlüssel liegt im Osten bei 1 : 14, und im Westen liegt er bei 1 : 6. Das heißt rein rechnerisch: Eine Vollzeitfachkraft in Ostdeutschland betreut mehr als doppelt so viele Kinder wie eine Vollzeitfachkraft in einem westdeutschen Bundesland. Dafür fehlt es aber im Westen massiv an Plätzen.
Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das kann so nicht bleiben. Das hat nichts mit gleichwertigen Lebensverhältnissen zu tun. Das hat nichts mit Bildungsgerechtigkeit zu tun und auch nicht mit guter Arbeit im Bildungsbetrieb.
(Beifall bei der Linken)
Ein Kind und seine Familie auf Rügen haben das gleiche Recht auf gute Bildung und Betreuung wie die Kinder in Rosenheim. Und eine Sozialarbeiterin in Görlitz hat das gleiche Recht auf gute Arbeit wie ihre Kolleginnen in Aachen. Das sind Rechte und keine Lose bei einer Lotterie.
(Beifall bei der Linken)
Die Bundesregierung hat hier eine Verantwortung. Sorgen Sie endlich für gleichwertige Lebensverhältnisse! Sorgen Sie flächendeckend für Bildungsgerechtigkeit, für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie und für gute Arbeit in der Bildung! Das ist die Aufgabe einer Bundesregierung und nicht, die beste Ausrede dafür zu finden, warum das nicht geht. Die Menschen haben Rechte und ein Recht darauf.
Vielen Dank.
(Beifall bei der Linken)