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Panzer statt Perspektiven?

Rede von Sören Pellmann,

Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Heute Nacht kam die überraschende Nachricht, dass die völkerrechtswidrigen Übergriffe Israels und der USA auf den Iran beendet werden. Das sind in heutigen Zeiten mal gute Nachrichten aus dem Mittleren Osten. Die nächsten Stunden werden zeigen, wie belastbar diese Aussagen sind. Ich weiß aber auch: Wenn wir in diesem Hause über Außenpolitik reden, lautet Ihre Antwort auf die allermeisten Fragen: Aufrüsten, aufrüsten, aufrüsten.

Doch was passiert parallel dazu hier in unserem Land? Die finanziellen Spielräume insbesondere der Kommunen schwinden rapide. Das ist kein Zufall. Das hat System, und es hat Folgen, immer dort, wo die Menschen auf den Staat treffen: Der Bus auf dem Land kam bis gestern selten, morgen ist er ganz gestrichen. Das Schwimmbad war gestern marode und ist heute geschlossen. Es habe eine „komplette Kehrtwende hin zum Schlechteren“ gegeben, sagt der Präsident des Deutschen Städtetages. Während die Menschen sich berechtigterweise die Frage stellen, was der Staat noch kann und was er für sie konkret tut, reden Sie hier allen Ernstes von 5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes für die Rüstung. Das ist kompletter Irrsinn, liebe Kolleginnen und Kollegen.

(Beifall bei der Linken)

5 Prozent vom BIP, das sind etwa 225 Milliarden Euro. 225 Milliarden Euro wollen Sie allen Ernstes in die Wettrüstung stecken. Das ist fast die Hälfte unseres Bundeshaushaltes. Unvorstellbar! Nur mal zwei Vergleichszahlen: Das Deutschlandticket kostet jährlich 1,5 Milliarden Euro. Der soziale Wohnungsbau nimmt im Entwurf des derzeitigen Bundeshaushaltes 2 Milliarden Euro ein. Aber ständig höre ich von Ihnen hier im Hause, dass die Kohle für das Deutschlandticket und Co nicht zusammenzubekommen ist. Aber für Rüstung ist Geld ohne Ende da. Das ist der völlig falsche Ansatz.

(Beifall bei der Linken – Zuruf des Abg. Alexander Hoffmann [CDU/CSU])

Liebe Kolleginnen und Kollegen, Sie huldigen hier der NATO, als gäbe es kein Morgen mehr. Die NATO, dessen wichtigstes Mitglied gerade am Wochenende einen völkerrechtswidrigen Überfall auf den Iran begonnen hat, dominiert schon jetzt militärisch die gesamte Welt. Im vergangenen Jahr haben die NATO-Staaten zusammen 55 Prozent aller weltweiten Rüstungsausgaben getätigt. Es gibt auf diesem Planeten keine Macht, die sich mit der NATO messen kann. Das ist militärische Realität. Dennoch sagen Sie auf alle Fragen in der Außenpolitik weiterhin: Rüstung, Aufrüstung, Hochrüstung. Stoppen Sie diesen Rüstungswahnsinn jetzt!

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die sozialdemokratische Regierung in Spanien hat jetzt gefordert, diese 5-Prozent-Regel nicht für ihr Land gelten zu lassen. Die Sozialdemokraten argumentieren in Spanien, dass diese Rüstungsausgaben nicht mit dem spanischen Wohlstand und Madrids Vision der Welt übereinstimmen. Liebe SPD, haben Sie mal Ihre Kolleginnen und Kollegen in Spanien gefragt? Haben Sie das Gespräch gesucht? Warum entscheidet sich Spanien für einen starken Sozialstaat und gegen diese endlose Aufrüstung? Warum schaffen wir das hier in unserem Land nicht?

Liebe Kolleginnen und Kollegen, jeden Tag mehren sich die Stimmen hier im Haus, dass die Wehrpflicht wieder gelten soll.

(Dr. Anton Hofreiter [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN]: Wie kann man nur so naiv sein?)

Sie wollen junge Menschen wieder zum Dienst an der Waffe zwingen. Sie wollen wieder ein Jahr des Lebens unserer Jugend verschwenden, damit das Personalreservoir der Bundeswehr aufgefüllt wird. Doch unsere Jugend ist stabil und widerspenstig. Nur ein Drittel der Jugendlichen sagt Ja zum Dienst an der Waffe. Der Rest der Jugend hat einfach keinen Bock auf Ihren Waffenrock.

(Beifall bei der Linken)

Wenn es um den Kampf gegen die Klimakatastrophe geht, höre ich allerdings von der Bundesregierung herzlich wenig, nämlich gar nichts. Ihr Bild von unserer Jugend ist offenkundig. Wir als Die Linke wollen der Jugend eine wirkliche Zukunft ermöglichen, und da haben wir nicht wie Sie zuerst an Kasernenhöfe gedacht.

(Beifall bei der Linken)

Wir werden die kommenden Generationen nicht zum Dienst an der Waffe zwingen. Die Linke macht da nicht mit.

(Maximilian Kneller [AfD]: Jedenfalls seit 1990 nicht mehr!)

Deswegen muss die Wehrpflicht aus dem Grundgesetz komplett gestrichen werden.

(Beifall bei der Linken)

Liebe Kolleginnen und Kollegen, alle Nachrichten vom jüngsten NATO-Gipfel sind besorgniserregend. Das Geld für Rüstung sitzt locker. Aber jeder Euro für Panzer und Raketen fehlt bei Kindergärten, bei Schulen und bei Krankenhäusern. Für jeden Leopard-2-Panzer könnten wir eine Grundschule bauen. Schluss mit dieser Aufrüstung! Wir brauchen endlich wieder den Mut für Diplomatie – besser jetzt als später.

(Beifall bei der Linken)

Ist das undenkbar? Ich denke nicht. Ich erinnere an eine Friedensrede von John F. Kennedy aus dem Jahr 1963. Er sagte damals:

"„Unsere Probleme sind menschengemacht – daher können sie auch vom Menschen gelöst werden. Und der Mensch kann so groß sein, wie er will. Kein Problem des menschlichen Schicksals übersteigt die menschliche Beherrschung. Die menschliche Vernunft und der menschliche Geist haben schon oft scheinbar Unlösbares gelöst – und wir glauben, dass sie es wieder tun können.“"

Die Hoffnung bleibt.

(Beifall bei der Linken)