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UN am Abgrund - Reformen und Finanzlücken gefährden den Weltfrieden

Rede von Vinzenz Glaser,

Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor 80 Jahren wurde die Charta der Vereinten Nationen unterzeichnet, getragen von der Hoffnung auf eine friedlichere und gerechtere Weltordnung nach den faschistischen Verbrechen des Zweiten Weltkriegs. Doch bleibt dieses Versprechen für viele Menschen weiterhin unerfüllt – angesichts des grausamen Genozids in Gaza, des brutalen Angriffskrieges Russlands in der Ukraine und der verheerenden humanitären Situation im Sudan. Zu oft schaut die Welt tatenlos zu.

(Beifall bei der Linken)

Gleichzeitig wächst die Kluft zwischen den Ansprüchen der UN und ihrer tatsächlichen Handlungsfähigkeit. Das multilaterale System ist unter massivem Druck: Politische Blockaden lähmen Entscheidungen, und massive Finanzierungslücken schwächen die UN – genau in der Zeit, in der die Welt mehr denn je auf sie angewiesen ist.

Das System wird gezielt ausgehöhlt durch politische Blockaden und drastische Kürzungen, auch aus Deutschland. Eine direkte Folge ist die geplante Schließung von UNAIDS, die die globale Aids-Epidemie wieder aufflammen lassen könnte. Dass die UN in vielen Bereichen gezwungen ist, im Rahmen einer Triage über Menschenleben zu entscheiden, ist ein klares Versagen internationaler Verantwortung. So schaffen es die Vereinten Nationen immer weniger, auf die Krisen zu reagieren, deren Verhinderung ursprünglich ihr Ziel war. Solange ein einziges Land die Forderung nach dem Ende eines Genozids blockieren kann, funktioniert die gesamte Institution nicht.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, die Strukturen der UN sind aus der Zeit gefallen. Stellen Sie sich den Sicherheitsrat vor als ein Segelschiff, das auf einen Eisberg zusteuert. Fünf Kapitäne – die Vetomächte – halten das Steuer fest in der Hand. Sie können alle Entscheidungen blockieren, egal wie dringend es ist. Die restlichen Länder, die die Mehrheit der Weltbevölkerung vertreten, stehen hilflos an Deck, schlagen Alarm. Doch sie können das Schiff nicht umsteuern. Selbst wenn alle sehen, dass das Schiff gegen den Eisberg prallt, reicht ein wahnsinniger Kapitän, um dieses Schiff zu versenken.

Dieses Bild soll das Fortbestehen der postkolonialen Machtverhältnisse und den wachsenden Einfluss globaler Konzerne und privater Stiftungen auf die UN zeigen. Die UN braucht dringend eine demokratische Reform. Doch seit Jahrzehnten blockieren vor allem die mächtigen Staaten jede Veränderung. Es braucht endlich Gleichberechtigung: ein Land, eine Stimme – ohne Möglichkeit der Blockade.

Die UN bleibt trotz aller Schwächen unverzichtbar. Damit sie ihre Aufgabe gerecht erfüllen kann, braucht sie endlich Reformen und eine gesicherte Finanzierung. In dieser Übergangszeit dürfen wir das Feld nicht denjenigen überlassen, –

– die auf Aufrüstung und Konzernmacht setzen. Die UN muss endlich ihrem Anspruch gerecht werden: als Ort der Menschlichkeit und Solidarität, –

– nicht als Spielball der Mächtigen.

Vielen Dank.