Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen!
Seit Januar warten wir darauf, dass Ministerin Schavan den im Kabinett längst verabschiedeten BAföG-Bericht endlich dem Parlament vorstellt. Vor der Sommerpause herrschte aber bislang Fehlanzeige. Es muss erst ein Antrag aus der Opposition kommen, damit wir das Thema BAföG im Bundestag überhaupt noch einmal behandeln.
Im vergangenen Jahr wurde das 40-jährige BAföG-Jubiläum gefeiert. Anlässlich dieses Jubiläums und der damit verbundenen Festivitäten haben sich auf einmal alle Fraktionen auch die Koalitionsfraktionen als ganz überzeugte Fans des BAföG präsentiert. Alle haben für sich in Anspruch nehmen wollen, damit die Hochschulen in sozialer Hinsicht geöffnet zu haben. Nach diesen Lobesreden auf die eigene Politik ist dann allerdings wenig passiert. Es gab nämlich weder eine Erhöhung des BAföG noch eine Ausweitung des Berechtigtenkreises und zwar weder an Schulen noch an Hochschulen, obwohl diese zwei Maßnahmen dringend notwendig wären und wirklich überfällig sind.
(Beifall bei der LINKEN)
Der gerade erschienene Bildungsbericht „Bildung in Deutschland 2012“ macht ganz deutlich, wie sehr die soziale Herkunft den Bildungsweg in der Bundesrepublik bestimmt. Von 100 Kindern aus Elternhäuser mit akademischem Hintergrund nehmen 77 ein Studium auf. Bei Kindern, deren Eltern einen Hauptschulabschluss haben, sind es gerade einmal 13. Das ist im Jahr 2012 der Zustand in einer Gesellschaft, die sich selbst als Bildungsrepublik bezeichnet und eine Bildungsrepublik sein will. Ich finde, diese Zahlen zeigen keine Bildungsrepublik, sondern eigentlich eine bildungspolitische Katastrophe.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD - Lachen bei der FDP)
Weil man um all diese bildungspolitischen Peinlichkeiten weiß, sagt die Bundesregierung in ihrem BAföG-Bericht auch gar nicht ganz genau, wie hoch der Anteil der Schülerinnen und Schüler ist, die heute noch BAföG bekommen. Sie sagt nur, dass die Zahl der Geförderten um 3,6 Prozent gestiegen ist. Die Frage ist aber, auf welchem Niveau diese Zahl gestiegen ist.
An den allgemeinbildenden Oberstufen erhielten im Jahre 2010 gerade einmal 9 300 Schülerinnen und Schüler das BAföG. 9 300 im gesamten Bundesgebiet! Umrechnet sind das genau diese Zahl findet man nicht mehr in dem Bericht 0,8 Prozent. Das ist sozusagen die BAföG-Förderungsquote bei Schülerinnen und Schülern an allgemeinbildenden Oberstufen.
Was plant die Regierung in dieser Situation weiter? Sie will im Jahr 2013 eine Viertelmilliarde beim BAföG einsparen. Das sind Ihre Pläne für den Haushaltsentwurf 2013. Wahrscheinlich ist das auch schon die vorauseilende Umsetzung der Kürzungsorgie, die uns ins Haus steht, wenn der Fiskalpakt ratifiziert ist. Sagen Sie den Menschen wenigstens die Wahrheit, anstatt die Mär von der Bildungsrepublik zu bemühen.
(Beifall bei der LINKEN)
Das BAföG für Schülerinnen und Schüler ist über die Jahre so zusammengestrichen und deformiert worden, dass davon eigentlich nichts mehr übrig geblieben ist. Dabei ist das Schüler-BAföG eine entscheidende Voraussetzung dafür, dass sich junge Menschen unabhängig von ihrer sozialen Herkunft für einen ihren Interessen entsprechenden Beruf entscheiden und dass mehr Schülerinnen und Schüler eine Hochschulzugangsberechtigung, nämlich das Abitur, erwerben.
Wir Linke wollen deswegen eine deutliche Ausweitung des Schüler- und Schülerinnen-BAföG. Wir möchten, dass endlich wieder alle Schülerinnen und Schüler an weiterführenden allgemeinbildenden Schulen das Recht auf BAföG erhalten. Das haben wir bereits im letzten Jahr in unserem Antrag für eine nötige BAföG-Reform gefordert. Ich freue mich über die jetzige Initiative der SPD, die Richtiges benennt. In dem Antrag der SPD ist die Entwicklung der Förderhöhe leider nicht erwähnt.
Der BAföG-Bericht macht deutlich, dass es wegen der gestiegenen Preise nötig ist, das BAföG um mindestens 5 Prozent zu erhöhen, damit das aktuelle Förderniveau gehalten werden kann. Die wirklich lausige Erhöhung der Bundesregierung von 2010 sie betrug 2 Prozent hat noch nicht einmal die Inflation ausgeglichen. Die dauernde Nichterhöhung des BAföG ist de facto eine BAföG-Kürzung.
(Dr. Stefan Kaufmann (CDU/CSU): Das ist eine Mär, was Sie da erzählen!)
Deswegen fordert die Linke die sofortige Anhebung des BAföG um 10 Prozent. Weiter brauchen wir jährlich einen automatischen Ausgleich der gestiegenen Lebenshaltungs- und Ausbildungskosten.
(Beifall bei der LINKEN)
Das BAföG hat den Auftrag, Bildungschancen zu stärken und soziale Ungleichheiten aktiv auszugleichen. Dazu muss es aber Lebenshaltungskosten real abdecken. Hier ist ein aktives politisches Handeln gefordert und nicht schwarz-gelbes Nichtstun.
Wenn die Politik handelt, könnte das BAföG wieder so war es ursprünglich auch gedacht zum besten Schutz vor Bildungsausgrenzung werden.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten der SPD)