Die Bologna-Reform war die wohl tiefgreifendste Strukturreform, die die Hochschulen bisher erlebt haben. Doch eine „Erfolgsstory“, wie es die Regierung proklamiert, ist sie wahrlich nicht. Die Mobilität ist kaum gestiegen, nicht einmal jeder zweite schafft das Studium in der Regelstudienzeit und jedeR vierte StudienanfängerIn bricht das Studium ab. Als Linksfraktion fordern wir eine grundlegende Reform des Bologna- Prozesses. Wir brauchen Entschleunigung statt Prüfungsstress, die soziale Öffnung der Hochschulen statt Bildungsschranken, nachhaltiges und kritisches Wissen statt marktkonformes know-how!

Die Arbeitsbedingungen im Wissenschaftssystem sind geprägt von Befristung und Niedriglöhnen, gesetzlich abgesichert durch das Wissenschaftszeitvertragsgesetz. Die Finanzierung gerade von Hochschulen ist unzureichend und kurzatmig angelegt, was weitere Gründe für die prekären Arbeitsbedingungen liefert. Darum muss ein Paradigmenwechsel her: Stabile Finanzen für die Hochschulen und wissenschaftlichen Einrichtungen und gesetzliche Mindeststandards für gute Arbeitsbedingungen!
Insgesamt kommen wir Abgeordnete in vier Jahren auf eine Erhöhung der Diäten um 18,5 Prozent! Das BAföG wurde in derselben Zeit gar nicht erhöht. Wenn die Kinder der Abgeordneten auf das BAföG angewiesen wären, gäbe es wahrscheinlich eine wirkliche Erhöhung. Wir wollen, dass die BAföG-Sätze und die Freibeträge sofort um mindestens 10% erhöht werden, und nicht erst in 2 Jahren.
Zum jetzigen Semesterstart beginnt eine halbe Million Erstsemester ein Studium - ein absoluter Rekord. Die meisten müssen sich in einer neuen Stadt eine Bleibe suchen doch nur noch 10 % aller Studierenden finden einen Platz im Wohnheim und in den meisten Hochschulstädten explodieren die Mieten. Es wird immer mehr zu einer sozialen Frage, ob man in einer Stadt wie München, Frankfurt oder Köln überhaupt studieren kann. Die Bundesregierung gibt darauf keine Antwort sondern brüstet sich mit einer Anhebung der Wohnkostenpauschale im BAföG ab Herbst 2016 auf 250 € - dabei liegen die Wohnkosten von Studierenden oft schon bei mindestens 350€. DIE LINKE fordert ein Bund-Länder-Programm zur Einrichtung von 45.000 Wohnheimplätzen in den nächsten vier Jahren.
Bildungschancen und Bildungswege in Deutschland sind stark davon abhängig, wo man geboren ist, welches Schulsystem vor Ort existiert und wie zahlungskräftig gerade das jeweilige Bundesland ist. Dennoch wurde der Wettbewerbsföderalismus unter den Ländern weiter verschärft und mit dem Kooperationsverbot das Verbot der Zusammenarbeit von Bund und Ländern in der Bildung, in der Kultur und anderen Bereichen zementiert. Die Lockerung des Kooperationsverbotes für Einzelfälle im Hochschulbereich ist nicht ausreichend, es muss für alle Bildungsbereiche fallen, um gleichwertige Lebensverhältnisse im gesamten Bundesgebiet herzustellen.
Deal aus BAföG-Novellierung und Neuregelung des Kooperationsverbotes löst keines der beiden Probleme
Tausende Studierende warten auf eine BAföG-Erhöhung, Tausende warten, dass sie endlich BAföG beziehen können oder nicht aus der Förderung rausfallen, Tausende warten, dass sie die Mieten in den Uni-Städten bezahlen können. Zahllose Schulen warten darauf saniert zu werden, Eltern warten auf Kita-Plätze und auf Ganztagsschulen und Lehrerinnen und Lehrer warten auf kleinere Klassen. Statt einer schnellen, unkomplizierten Lösung feilt die Große Koalition an einem Deal aus BAföG-Novellierung und einer Neuregelung des Kooperationsverbotes - und löst am Ende keines der beiden Probleme.
Der von der Regierung vorgelegte Haushaltsentwurf bedeutet für den Bereich Bildung, Wissenschaft und Forschung mal wieder nichts mehr als reine Ankündigungspolitik. Die BAföG Erhöhung wird erneut verschleppt, die Berechnungen zu den StudienanfängerInnenzahlen sind realitätsfern und das Kooperationsverbot bleibt weiter bestehen.
Nachdem BAföG im Koalitionsvertrag trotz dringenden Handlungsbedarfes nicht vorkommt, fordert DIE LINKE eine zügige BAföG-Reform, die eine Erhöhung der Bedarfssätze und Freibeträge, Ausweitung des Empfänger/innenkreises, Anpassung an geänderte Bedingungen (Bologna) und die Abschaffung des Stipendienprogramms umfasst, ohne dabei die Haushalte der Länder zusätzlich zu belasten.
Zwei Dinge wären bitter nötig: Erstens eine Steuerpolitik, die auch mal die Reichen zur Kasse bittet, um die öffentlichen Haushalte in die Lage zu versetzen, die großen Aufgaben in der Bildung anzupacken. Und zum zweiten die Aufhebung des Kooperationsverbotes, damit dem Bund nicht länger verboten ist, in der Bildung mitzufinanzieren.
Die Bundesregierung hat offenbar vergessen, dass Hochschulen öffentlich finanzierte Einrichtungen sind, und dass der Gesetzgeber in der Pflicht ist, dass Privatinteressen die öffentlichen Interessen nicht überlagern. In der Realität sichern sich Konzerne Einfluss auf Forschung und Lehre als Gegenleistung für die an den unterfinanzierten Hochschulen dringend benötigten Gelder oder zwingen Hochschulen zur Geheimhaltung von Forschungsergebnissen. Die "Freiheit der Wissenschaft" droht durch öffentliche Unterfinanzierung und einen Wissenschaftsbegriff, der Wissenschaft zur Ressource im Standortwettbewerb macht, unter die Räder zu geraten.