Herr Präsident! Kolleginnen und Kollegen! Frau Ministerin Karliczek, was Sie den Studierenden und den Beschäftigten an den Hochschulen heute vorschlagen, das ist kein krisensicherer Schutzschirm, sondern das ist löchrig und unvollständig. Vielen der 2,9 Millionen Studierenden und der rund 700 000 Beschäftigten an den Hochschulen geht es gerade ans Eingemachte. Zehntausende, vielleicht Hunderttausende Studierende haben bereits wegen Corona ihre Jobs verloren, Jobs, mit denen sie die Miete, den Internetanschluss und die Semestergebühr bezahlen. Meist sind das Jobs in der Gastro, auf Messen, in Bibliotheken, in Kinos: allesamt Minijobs, die beim Shutdown als Erstes gekündigt wurden und die jetzt die Menschen ohne irgendeine soziale Absicherung dastehen lassen.
Jetzt, Frau Ministerin, bieten Sie an, dass die Studierenden einen Kredit aufnehmen können. Wovon und wann sollen sie den denn zurückzahlen? Wenn sie dann irgendwann Seminare und Prüfungen nachholen müssen und vielleicht gar keinen Job so schnell finden, weil das Kino um die Ecke nämlich dauerhaft zugemacht hat? Das ist völlig weltfremd, was Sie da vorschlagen.
(Beifall bei der LINKEN)
Was es braucht, ist ein Notfallfonds, der den Studierenden unbürokratisch und ohne Verschuldung unter die Arme greift.
(Beifall bei der LINKEN)
Und, Frau Karliczek, ich finde, es ist unredlich, so zu tun, als könnten die Hochschulen einfach so auf Onlinelehre umstellen. Das hat mit der Realität auch nichts zu tun.
(Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Natürlich! Gehen Sie mal an die Unis, Frau Gohlke!)
An vielen Unis ist das Netz nicht mal stabil genug dafür. Und viele Lehrende schuften gerade neben der Betreuung ihrer eigenen Kinder oft bis zum Umfallen, um die Onlinebetreuung sicherzustellen. Auch darauf bräuchte es übrigens Antworten, nämlich zum Beispiel, die Lehrverpflichtungen zu verringern, damit das für die Beschäftigten überhaupt zu schaffen ist.
(Beifall bei der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Das ist aber Ländersache!)
Gut ist, dass die Bundesregierung für den wissenschaftlichen Mittelbau jetzt die Verlängerung der Verträge um sechs Monate ermöglicht. Denn die sage und schreibe 90 Prozent, die von Ihnen nur einen befristeten Kurzzeitvertrag haben, dürfen jetzt nicht auch noch darum bangen müssen, ob ihr Vertrag mitten in der Coronakrise endet. Aber machen Sie diese Regelung auch wirklich rechtssicher! Das darf keine Kannbestimmung sein. Das müssen die Betroffenen auch wirklich einklagen können.
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN – Zurufe von der CDU/CSU)
Insgesamt rächt sich doch gerade eins, Kolleginnen und Kollegen: Wie beim Gesundheitssystem rächt sich auch beim Bildungs- und Hochschulsystem, dass es so unterfinanziert ist, dass eigentlich schon der Normalbetrieb im Krisenmodus ist. Die Hochschulen werden seit Jahren nicht bedarfsgerecht finanziert. Die kurzen Vertragslaufzeiten sind immer eine Zumutung für die Beschäftigten, nicht nur zu Coronazeiten. Und nur noch 13 Prozent der Studierenden erhalten überhaupt noch BAföG. Man kann davon weder studieren noch leben. Und Sie, Frau Ministerin, ändern daran seit drei Jahren nichts. Die Situation sähe jetzt aber anders aus, wenn das BAföG existenzsichernd wäre und wenn die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unbefristete Stellen hätten.
Deswegen: Wir sollten die Coronakrise auch als Weckruf verstehen, als Weckruf, die Hochschulen endlich sozial und demokratisch und arbeitnehmerfreundlich zu gestalten.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN – Tankred Schipanski [CDU/CSU]: Halten Sie Ihre Rede mal im Landtag!)