Frau Präsidentin! Kolleginnen und Kollegen! Die Friedens- und Konfliktforschung leistet eine hervorragende Arbeit; das hat auch der Wissenschaftsrat in seiner Evaluation festgestellt. Die Forscherinnen und Forscher in diesem Bereich verdienen dafür unseren Dank und unsere Anerkennung.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie bei Abgeordneten der SPD)
Vor allem bei der Nachwuchsgewinnung und bei der Finanzierung gibt es aber große Baustellen und dringenden Handlungsbedarf. Das Thema „Friedens- und Konfliktforschung“ wurde hier im Haus zuletzt vor drei Jahren diskutiert. Die damalige Große Koalition hatte einen Antrag vorgelegt, der versprach, die Friedens- und Konfliktforschung zu stärken und zu unterstützen. Nun zeigt aber die Evaluation des Wissenschaftsrates ziemlich deutlich, dass die Regierungen in den vergangenen Jahren die zentralen Probleme im Kern nicht angegangen sind. Dafür wird es jetzt endlich Zeit; da haben die Grünen völlig recht.
(Beifall bei der LINKEN und dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)
Welche Bedeutung die Regierung und die Regierungsfraktionen der Friedensforschung offenbar beimessen, wird aus meiner Sicht an zwei Zahlen deutlich: Das Kapital der Deutschen Stiftung Friedensforschung ist seit ihrer Gründung, also im Laufe von 20 Jahren, von 25,5 Millionen Euro auf 27 Millionen Euro erhöht worden. Der Etat des Verteidigungsministeriums – ja, das kann ich Ihnen jetzt nicht ersparen – stieg im selben Zeitraum von 24 auf 42 Milliarden Euro jährlich. Kolleginnen und Kollegen, ich finde, das sind wirklich traurige Zahlen in dieser Gegenüberstellung.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Ich will es noch mal sagen: Die Friedens- und Konfliktforschung liefert wichtige Erkenntnisse und auch Warnungen. Was dort erforscht wird, ist ja nicht nur von akademischem Wert, sondern könnte eben auch ganz unmittelbaren Anwendungsnutzen haben und entfalten. Auch wenn das manche ignorieren wollen oder wenn sie lieber den Kopf in den Sand stecken: Die weltweiten Konfliktursachen haben eben Auswirkungen auf Europa und auch auf Deutschland. Deshalb ist Konfliktprävention so wichtig, und sie geht eben weit über die klassischen Mittel der Außen- und der Entwicklungspolitik hinaus.
Ich sage das mal an die rechte Seite des Hauses gewandt: Gerade wenn Sie sich so vor weltweiter Migration fürchten, dann müssten sie sich um Klimapolitik sorgen
(Beifall bei Abgeordneten der LINKEN)
oder um die Schwächung von Volkswirtschaften durch die gewaltigen Exportüberschüsse der deutschen Industrie oder um faire Handelsabkommen. All das gehört nämlich zum Gesamtbild dazu. Wenigstens so konsistent könnten Sie sein.
(Beifall bei der LINKEN sowie des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Kolleginnen und Kollegen, die Konfliktforschung braucht das Know-how aus den unterschiedlichsten Bereichen. Dass der Wissenschaftsrat hier Nachwuchsprobleme beklagt, ist alarmierend und hat auch ganz wesentlich mit den Beschäftigungsbedingungen in der Wissenschaft zu tun. An den Hochschulen werden die Sozialwissenschaften und gerade deren kritische Ansätze zusammengekürzt. Studierte mit naturwissenschaftlichen Abschlüssen rechnen sich weit bessere Berufschancen außerhalb des Wissenschaftsbetriebs aus, weil es an den Hochschulen eben nur noch Projektmittel und Kurzzeitverträge gibt.
Kolleginnen und Kollegen, wir brauchen das glatte Gegenteil. Wir brauchen eine Mittelvergabe im Sinne langfristiger Perspektiven für die Wissenschaft, für die Forscherinnen und Forscher und für die Friedensforschung.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)