Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Coronakrise ist ohne Zweifel eine besondere Herausforderung. Sie legt aber auch wie unter einem Brennglas die Schwachstellen und Missstände der Gesellschaft offen – Missstände, die sich die Bundesregierung seit Jahren leistet
(Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Viele Länder wären froh, wenn sie solche Missstände hätten!)
und die jetzt dazu führen, dass viele gesellschaftliche Bereiche und Gruppen noch mal potenziert unter der aktuellen Krise leiden müssen. Zu diesen Schwachstellen und Missständen gehören an den Hochschulen zum Beispiel die Tatsachen, dass kaum mehr ein Wissenschaftler oder eine Wissenschaftlerin einen unbefristeten Arbeitsvertrag hat oder dass das BAföG so verstümmelt wurde, dass es kaum mehr für sozialen Ausgleich sorgen kann. Diese Missstände, dieser ganze neoliberale Mist gehört zu den großen politischen Irrtümern der letzten Jahre. Dieses Denken gehört spätestens jetzt ganz schnell korrigiert.
(Beifall bei der LINKEN – Michael Grosse-Brömer [CDU/CSU]: Sie sind doch nicht auf dem Parteitag! – Dr. Götz Frömming [AfD]: Ohne Befristung hätte der Nachwuchs keine Chance!)
Mehr denn je ist es jetzt unter Coronabedingungen wieder eine Frage des Geldbeutels der Eltern, der sozialen Herkunft und des Wohnortes geworden, ob und wie gut man noch studieren und mit der Krise umgehen kann. Wer in Bautzen oder im Bayerischen Wald wohnt und von dort aus gerade versucht, online zu studieren, hat schlechte Karten, weil die Netzkapazität oft nicht ausreicht, um an den Onlinekursen teilzunehmen.
(Alexander Dobrindt [CDU/CSU]: Wie kommen Sie denn auf so was? Sie haben keine Ahnung von Bayern!)
Wer jetzt Kinder daheim hat, die gerade nicht in die Kita oder in die Schule gehen können, bekommt Probleme, weil nicht alle Seminare und Vorlesungen auch später abrufbar sind, wenn man sie einmal verpasst hat. Und wenn man zu den fast 2 Millionen Studierenden gehört, die sich mit Nebenjobs das Studium und den Lebensunterhalt finanzieren, und wenn man diesen Job wegen der Pandemie verloren hat, dann steht man jetzt vielleicht bald vor der Frage, ob man überhaupt noch weiterstudieren kann.
Frau Ministerin Karliczek, all diese Menschen lassen Sie gerade allein.
(Beifall des Abg. Kai Gehring [BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN])
Auf die meisten dieser Probleme haben Sie noch nicht mal reagiert; Sie bieten Scheinlösungen an, die die Missstände am Ende noch einmal verschärfen werden. Das ist unglaublich!
(Beifall bei der LINKEN sowie bei Abgeordneten des BÜNDNISSES 90/DIE GRÜNEN)
Wenn Sie, Frau Karliczek, auf der Homepage des Ministeriums schreiben – ich zitiere –: „Wir dürfen nicht zulassen, dass die Corona-Pandemie Studierende in den Abbruch … ihres Studiums treibt“, dann frage ich: Wie passt es denn dann zusammen, dass Sie lediglich Kredite gewähren wollen, noch dazu mit einer immensen Zinslast? Genau dazu führen doch die Verschuldung und die Angst vor Schulden: dass junge Menschen das Studium aufgeben. Gerade diejenigen Studierenden, die sich den Weg an die Hochschulen erkämpft haben, die auf den eigenen Verdienst angewiesen sind, die jeden Tag darum kämpfen, das Studium und die Finanzierung des Lebensunterhalts unter einen Hut zu bringen, die trifft es jetzt.
Ich sage noch mal: Reformieren Sie das BAföG endlich zu einem sozialen Förderinstrument,
(Dr. Götz Frömming [AfD]: Darum geht es heute nicht!)
bringen Sie echte Nothilfen auf den Weg, die den Studierenden jetzt unter die Arme greifen, ohne dass sie sich verschulden müssen,
(Beifall bei der LINKEN)
und sorgen Sie dafür, dass die Beschäftigten an den Hochschulen einen Rechtsanspruch auf Weiterbeschäftigung haben, auch nach der Pandemie.
Vielen Dank.
(Beifall bei der LINKEN)