Zum Hauptinhalt springen
Rede von Gregor Gysi am 3. Juli 2023 auf der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in Vancouver

OSZE muss ein wichtiger Friedensfaktor bleiben

Archiv Linksfraktion - Rede von Gregor Gysi,

Rede auf der Parlamentarischen Versammlung der OSZE in Vancouver

 

- Es gilt das gesprochene Wort. -

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin,

wir alle hier verurteilen entschieden den völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine.

Ich bin 75 Jahre alt und komme aus der DDR. Ich habe den Kalten Krieg und die Angst vor einem 3. Weltkrieg erlebt. Ich denke nur an die Kuba-Krise. Und dann gelang die Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Helsinki. Das führte zu mehr Sicherheit und Stabilität in Europa, eine Sternstunde. Die OSZE muss ein wichtiger Friedensfaktor bleiben.

Was mich entsetzt ist die Tatsache, dass die Welt nach Helsinki im Kalten Krieg stabiler war als heute. Häufig wurde hier die Bedeutung des Völkerrechts betont. Bitte verstehen Sie mich nicht falsch. Es geht mir überhaupt nicht um eine Gleichsetzung der Völkerrechtsverletzungen Russlands mit unseren Völkerrechtsverletzungen. Aber die NATO hat als erste nach dem Kalten Krieg mit dem Krieg gegen Serbien das Völkerrecht verletzt.

Das gilt auch für die Trennung des Kosovo entgegen einem Sicherheitsratsbeschlusses der UNO.
Auch der Krieg der USA gegen den Irak war völkerrechtswidrig.

Russland verletzte mehrfach das Völkerrecht: zum Beispiel Georgien, Krim und vor allem jetzt dieser schreckliche Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Willy Brandt sagte einmal, dass man Frieden mit seinen Gegnern, nicht mit seinen Freunden schließen muss.

In der Außenpolitik geht es immer um Interessen, kaum um Werte. Länder wie Indien, Südafrika und Brasilien verurteilen den russischen Angriffskrieg, glauben uns das mit den Werten aber nicht.  19 Staaten wollen plötzlich Mitglied in der BRICS-Gemeinschaft werden.  

Erleben wir eine neue Blockbildung?

Ich wünsche mir, so schnell wie möglich einen Waffenstillstand zwischen Russland und der Ukraine. Die Ukraine darf kein Territorium verlieren.

Nach dem Krieg brauchen wir eine neue Friedensordnung, gekennzeichnet durch Deeskalation, Rüstungskontrolle und Abrüstung, Interessenausgleich, deutlich mehr Diplomatie und vor allem die strikte Achtung des Völkerrechts durch alle Staaten, auch durch uns und gerade auch durch Russland.

Wenn die OSZE in diesem Sinne wirkt, hat sie nicht nur eine Gegenwart, sondern vor allem auch eine Zukunft. Und das wäre für die Menschen in unseren Ländern wichtig.